Diese Website enthält werbliche Informationen und richtet sich an medizinische Fachkreise in Deutschland.

VERANSTALTUNGEN

17. Hauptstadt-Symposium Diabetes 2025

04./05.04.2025 | 08:45 - 17:15 Uhr

Ort: Berlin, Pullman Hotel Berlin Schweizerhof

Früherkennung im Fokus

Am 4./5. April 2025 ging es in die 17. Runde: knapp 150 Fachteilnehmende besuchten das Hauptstadt-Symposium Diabetes 2025 vor Ort in Berlin.

Unter dem wissenschaftlichen Vorsitz von Prof. Dr. Matthias Blüher beleuchtete das Symposium die wachsende Bedeutung der Früherkennung bei Diabeteserkrankungen. Führende Expert*innen präsentierten innovative Typ-1-Diabetes Screening-Ansätze mit nachweisbarem Erfolg. Entdecken Sie hier alle Erkenntnisse des Symposiums für eine effektivere Diabetesprävention.
 

Zusammenfassung
 

Real Talk: Typ-1-Diabetes – Mehr als eine Diagnose – Sport, Social Media & Science im Dialog

Das Hauptstadtsymposium Diabetes 2025 wurde am Abend mit einer Podiumsdiskussion zwischen Prof. Dr. Othmar Moser (Sportphysiologe), Dr. med. Felix Reschke (Kinderdiabetologe), Kati Korn (Influencerin und Typ-1-Diabetikerin) und Sandra Starke (Fußballprofi und Typ-1-Diabetikerin) eingeleitet. Hierbei teilten die Expert:innen ihre Erfahrungen und Meinungen.

Leben mit Typ-1-Diabetes: Persönliche Erfahrungen und Stigmatisierung

Die Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes kann traumatisch sein, wie Kati Korn berichtete. Neben der Nachricht einer chronischen Erkrankung teilten die Behandler ihr auch mit, sie solle besser keine Kinder bekommen und ihren Leistungssport aufgeben. Diese Aussagen trafen die junge Frau zutiefst und verdeutlichen, wie wichtig eine gute Kommunikation ist. Sandra Starke, Profifußballerin bei RB Leipzig, konnte trotz anfänglicher Ängste ihre Karriere fortsetzen. Beide Betroffene betonten, dass Stigmatisierung und Fehlinformationen weiterhin ein großes Problem darstellen. Kati Korn nutzt ihre Reichweite von Tausenden Followern, um aufzuklären und Mut zu machen, während Sandra Starke als vermeintlich einzige Typ-1-Diabetikerin in der Frauen-Bundesliga ein wichtiges Vorbild für junge Betroffene ist. 
Quelle: Persönliche Erfahrungsberichte der Podiumsteilnehmerinnen

Bewegung und Sport mit Typ-1-Diabetes: Herausforderungen und Lösungen

Prof. Moser stellte die neue EASD-Leitlinie für Sport mit automatisierten Insulindosierungssystemen vor, die konkrete Empfehlungen für verschiedene Sportarten bietet. Sandra Starke gab Einblicke in ihr persönliches Management während Fußballspielen. CGM-Systeme erweisen sich als entscheidender Motivationsfaktor für körperliche Aktivität, da sie unmittelbares Feedback geben. 
Quelle: EASD-Leitlinie; Erfahrungsbericht von Sandra Starke.

Früherkennung und gesellschaftliche Teilhabe: Medizinische und soziale Herausforderungen

Dr. Reschke betonte die anhaltend hohe Rate von Ketoazidosen bei Erstmanifestation (30-40%)1 und die Notwendigkeit besserer Früherkennung. Die Diskussion um Screening von Kindern mit familiärem Risiko zeigte unterschiedliche Perspektiven. Ein weiteres zentrales Thema war die mangelnde gesellschaftliche Teilhabe: Kinder mit Typ-1-Diabetes werden oft von Schulaktivitäten ausgeschlossen. Dr. Reschke und die Diskussionsteilnehmer forderten mehr Aufklärung in Schulen und Kindergärten sowie bessere Unterstützungssysteme, um echte Inklusion zu ermöglichen. 
Quelle: 1) Baechle C et al. Diabetes Res Clin Pract 2023; 197: 110559; Diskussion über Screening und Teilhabe.


1. Die ß-Zelle

Prof. Dr. med. D. Müller-Wieland

Die Beta-Zelle als zentrales Element bei allen Diabetes-Formen

Die Beta-Zelle steht nicht nur beim Typ-1-Diabetes im Fokus, sondern ist auch entscheidend für die Manifestation des Typ-2-Diabetes. Bei Typ-2-Diabetes liegt eine "Two-Hit-Hypothese" vor: Neben der Insulinresistenz spielt eine relative (nicht zwingend eine absolute) Beeinträchtigung der Beta-Zellfunktion bei der Krankheitsmanifestation eine entscheidende Rolle.2 Die Beta-Zellmasse ist bei Typ-2-Diabetes-Patienten um 40-60 % reduziert.3 Therapeutische Ansätze sollten bei diesem Typ daher primär auf den Erhalt oder die Verbesserung der Beta-Zellfunktion abzielen.3 
Quelle: 2) American Diabetes Association, Diabetes Care 2025;48(Suppl. 1):S27–S49. 3) Butler A et al. Diabetes 2003;52(1):102–110.

C-Peptid als klinischer Marker der Beta-Zellfunktion

Die Messung des C-Peptids gewinnt zunehmend an Bedeutung als klinisch praktikabler Parameter zur Bestimmung der Beta-Zellfunktion. Die American Diabetes Association hat bereits Empfehlungen zur C-Peptid-Messung in ihre Praxisleitlinien aufgenommen, insbesondere zur Differenzierung zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes bei Patienten unter 35 Jahren. Ein Schwellenwert von <200 pmol/l deutet auf eine Insulindefizienz hin.2 Für die Routinediagnostik sollte die C-Peptid-Bestimmung bei chronischer Niereninsuffizienz mit Vorsicht interpretiert werden. 
Quelle: 2) American Diabetes Association, Diabetes Care 2025;48(Suppl. 1):S27–S49.

Präventionsstrategien durch frühzeitige Identifikation von Risikopatienten

Die Früherkennung von präsymptomatischen Menschen mit Diabetes ist sowohl bei Typ-1 als auch Typ-2 möglich. Bei Typ-1-Diabetes können Patienten im Frühstadium mittels Inselautoantikörperbestimmung detektiert werden. Die Identifizierung von Prädiabetes beim Typ-2 kann auf Grundlage eines Risiko-Assements mittels HbA1c-Bestimmung erfolgen.2 Bei Typ-2-Diabetes ist die entscheidende Frage, wie viel Beta-Zellfunktion (möglicherweise nur 5-10%) erhalten werden muss, um die Manifestation zu verhindern. 
Quelle: 2) American Diabetes Association, Diabetes Care 2025;48(Suppl. 1):S27–S49.


2. Wann geht der Vorhang auf für die Primärprävention? Mythen und Wahrheiten der Primärprävention

Prof. Dr. med. R. Ritzel

Kardiovaskuläres Risiko bei Typ-1-Diabetes wird unterschätzt

Die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ist deutlich erhöht und wird häufig unterschätzt. Bei früher Manifestation zeigt sich ein bis zu 11-fach erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und ein 7-fach erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Mortalität im Vergleich zur Normalbevölkerung.4 Diese Risiken sind kumulativ betrachtet teilweise höher als beim Typ-2-Diabetes. Bemerkenswert ist, dass diese nicht vollständig durch klassische Risikofaktoren oder die glykämische Kontrolle (HbA1c) erklärt werden können. Genetische Faktoren spielen möglicherweise eine zusätzliche Rolle.5 
Quelle: 4) Vergès B, Atherosclerosis 2024 Jul:394:117158. 5) Bebu I et al. Diabetes Care 2021;44(6):1309–1316.

Früherkennung als Schlüssel

Die Identifikation von Frühstadien vor der klinischen Manifestation des Typ-1-Diabetes ist entscheidend für eine positive Einflussnahme auf den Krankheitsverlauf. Durch genetisches Screening können Hochrisikopersonen und durch die Bestimmung von Inselautoantikörpern Personen mit präsymptomatischen Typ-1-Diabetes identifiziert werden.2 Eine dreimalige Testung im Alter von 2, 6 und 10 Jahren kann etwa 80% der Fälle erfassen, die bis zum 18. Lebensjahr einen Typ-1-Diabetes entwickeln werden.6 Die Kosten für eine solche Früherkennung sind im Vergleich zu anderen medizinischen Interventionen relativ gering und könnten durch die Vermeidung von Ketoazidosen bei Erstmanifestation und langfristigen Komplikationen gerechtfertigt sein.7 
Quelle: 2) American Diabetes Association, Diabetes Care 2025;48(Suppl. 1):S27–S49. 6) Bonifacio E et al. Diabetologia 2025, online first https://doi.org/10.1007/s00125-025-06408-4 (zuletzt abgerufen am 11.04.2025). 7) Achenbach P et al., Gesundheitswesen 2025; 87(01): 27-37.


3. Das Fr1da-Jahrzehnt – Zeit für eine Rezension

Prof. Dr. med. P. Achenbach

Frühstadien des Typ-1-Diabetes sind bereits eine Erkrankung, keine Risikokonstellation

Die Autoimmunität gegen Beta-Zellen, nachweisbar durch multiple Inselautoantikörper, stellt bereits ein Frühstadium des Typ-1-Diabetes dar und nicht nur ein Risiko.7,8 Dies hat zu einer neuen Stadieneinteilung geführt: Stadium 1 (multiple Autoantikörper, normoglykämisch), Stadium 2 (multiple Autoantikörper, dysglykämisch) und Stadium 3 (klinisch manifester Diabetes).8 Langzeitbeobachtungen aus drei prospektiven Geburtskohorten (BPD, DIPP, DAISY) mit über 13.000 Kindern zeigen, dass bei Vorliegen von zwei oder mehr Inselautoantikörpern das Lebenszeitrisiko einen manifesten Typ-1-Diabetes entwickeln bei nahezu 100% liegt.9,10 Diese Erkenntnis ist entscheidend für die Früherkennung und hat bereits zur Einführung eines ICD-10-Diagnosecodes für präsymptomatischen Typ-1-Diabetes in den USA geführt. 
Quelle: 7) Achenbach P et al., Gesundheitswesen 2025; 87(01): 27-37. 8) Insel et al., Diabetes Care 2015; 38(10):1964–74. 9) Ziegler et al. JAMA 2013;309(23):2473-9. 10) Besser REJ et al. Arch Dis Child 2022; 107: 790–5.

Flächendeckendes Screening auf Typ-1-Diabetes-Frühstadien ist effektiv und praktikabel

Die Fr1da-Studie hat in Bayern über 10 Jahre hinweg gezeigt, dass ein bevölkerungsweites Screening auf Typ-1-Diabetes-Frühstadien bei Kindern zwischen 2-10 Jahren erfolgreich implementiert werden kann. Über 180.000 Kinder wurden mit Unterstützung von 685 Kinderarztpraxen untersucht, wobei bei 0,3% (etwa 600 Kinder) ein Frühstadium des Typ-1-Diabetes diagnostiziert wurde.7 Ein zweimaliges Screening im Alter von 3 Jahren (U7a) und 7 Jahren (U10) könnte über 65% der Fälle identifizieren.6 Die Kosten pro Kind betragen dabei nur etwa 28 Euro (in der Studie) bzw. 22 Euro (projiziert für die Regelversorgung).7 Die bestehenden Strukturen der Diabeteszentren in Deutschland sind ausreichend, um die identifizierten Kinder zu betreuen und zu monitoren. 
Quelle: 6) Bonifacio E et al. Diabetologia 2025, online first https://doi.org/10.1007/s00125-025-06408-4 (zuletzt abgerufen am 11.04.2025). 7) Achenbach P et al., Gesundheitswesen 2025; 87(01): 27-37.

Früherkennung verhindert Ketoazidosen und verbessert den Krankheitsverlauf

Kinder, die durch die Fr1da-Studie im Frühstadium identifiziert wurden und später einen manifesten Diabetes entwickelten, zeigten dramatisch bessere Outcomes als nicht-gescreente Kinder: Die Ketoazidoserate bei Manifestation sank von 37% auf nur 2,5%, der Gewichtsverlust wurde um 92% reduziert, und der HbA1c-Wert bei Diagnose war um 35% niedriger.11 Hochrechnungen zeigen, dass bei flächendeckender Implementierung in Deutschland nach 20 Jahren etwa 21.000 Kinder und Jugendliche mit einem Frühstadium identifiziert wären, und über 66 % der jährlich neu auftretenden Typ-1-Diabetes-Fälle bei Kindern und Jugendlichen könnten vorher erkannt werden.12 Durch die Früherkennung und ein systematisches Monitoring der identifizierten präsymptomatischen Kinder und Jugendlichen könnten nicht nur die akuten Komplikationen reduziert, sondern auch die Krankenhausaufenthalte verkürzt und die psychische Belastung der Familien verringert werden.7 
Quelle: 7) Achenbach P et al., Gesundheitswesen 2025; 87(01): 27-37. 11) Hummel et al., Lancet Diabetes Endocrinol 2025;13(1):10-12. 12) Bonifacio E et al. Lancet Diabetes Endocrinol, Volume 12, Issue 6, June 2024, Pages 376-378.


4. Typ-1 oder nicht Typ-1, das ist hier die Frage. Fehldiagnosen im Erwachsenenalter

Prof. Dr. med. M. Hummel

Typ-1-Diabetes im Erwachsenenalter: Häufiger als gedacht und oft fehldiagnostiziert

Mehr als die Hälfte aller Typ-1-Diabetes-Neumanifestationen treten erst im Erwachsenenalter auf13, 37 % sogar nach dem 30. Lebensjahr.14 Über 40% dieser Patienten werden zunächst als Typ-2-Diabetes fehldiagnostiziert.15 Umgekehrt erhalten 5-15 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes fälschlicherweise die Diagnose Typ-1.16 Diese Fehldiagnosen haben erhebliche klinische Konsequenzen: erhöhtes Ketoazidose-Risiko bei nicht erkanntem Typ-1-Diabetes oder unnötige Insulintherapie bei falsch klassifiziertem Typ-2-Diabetes. Besorgniserregend ist der Verlust an Lebensjahren durch Typ-1-Diabetes im Vergleich zu einer Population ohne diese Erkrankung.17 
Quelle: 13) Stahl-Pehe A & Rosenbasuer J. Diabetologe 2019 15:206–216. 14) Fang A, Annals of Internal Medicine, 2023,176:1567-1568. 15) Leslie RD et al. Diabetes Care 2021; 44: 2449–56. 16)  Muñoz C et al. Clin Diabetes 2019; 37: 276–81. 17) Rawshani A, Lancet 2018, 392(10146):477-486.

Klinische und laborchemische Unterschiede zwischen früh- und spätmanifestem Typ-1-Diabetes

Im Erwachsenenalter ist der Erkrankungsbeginn zum einen weniger stark mit HLA-Suszeptibilitätsallelen assoziiert18 und auch das Autoantikörpermuster differiert: Bei Erwachsenen sind GAD-Autoantikörper am häufigsten vorhanden aber es werden seltener mehrere Autoantikörper nachgewiesen.15,19 Der C-Peptid-Verlauf ist bei Erwachsenen langsamer abfallend, was mit einer langsameren Progression assoziiert ist und seltener zu diabetischen Ketoazidosen bei klinischer Manifestation führt (20 % im Alter > 40 Jahren vs. 40 % bei Kindern).20,21 
Quelle: 15) Leslie RD et al. Diabetes Care 2021; 44: 2449–56. 18) Mishra R et al. Diabetes Care 2020; 43: 418–25. 19) Grace SL et al. J Clin Endocrinol Metab 2022; 107: e4341–e4349. 20) McKeigue PM et al. BMC Med 2019; 17: 165. 21) Casu A et al. Diabet Med 2020; 37: 2109–15.

Praktisches Vorgehen zur korrekten Differenzialdiagnose

Antikörpertests sollten nur bei Verdacht auf Typ-1-Diabetes durchgeführt werden (jüngeres Alter, Gewichtsverlust, Ketoazidose, Familienanamnese).2 Bei positivem Antikörpernachweis liegt ein Typ-1-Diabetes vor, bei negativem Befund kann dennoch in 5-10% der Fälle ein Typ-1-Diabetes vorliegen. In diesen Fällen ist die Bestimmung des C-Peptids hilfreich. Differenzialdiagnostisch sollten auch MODY (ein Drittel manifestiert sich erst nach dem 25. Lebensjahr) und Pankreaskarzinom bedacht werden.2
Quelle: 2) American Diabetes Association, Diabetes Care 2025;48(Suppl. 1):S27–S49.


5. Die Hauptbühne der Blutzuckerkontrolle – Insulintherapie: neue Insuline, alte Perspektiven?

Dr. med. T. Wiesner

Insulintherapie beim Typ-2-Diabetes: Differenzierte Indikationsstellung

Die Insulintherapie bleibt ein wichtiger Bestandteil des Behandlungskonzepts beim Typ-2-Diabetes. Entscheidend ist die richtige Patientenselektion mittels des C-Peptid-Glukose-Ratio (CGR). Ein CGR <2 weist auf einen Insulin defizienten Diabetes hin und rechtfertigt eine Insulintherapie, während Patienten mit einem CGR zwischen 2-5 von einer Kombination aus Basalinsulin und GLP-1-Rezeptoragonisten profitieren können. Bei einem CGR >5 sollten primär orale Antidiabetika eingesetzt werden. Der CGR ist dynamisch und kann sich nach Therapieoptimierung verändern. 
Quelle: Reisdorf, S. Info Diabetol 2023;17, 50

Frühe glykämische Kontrolle zur Vermeidung des metabolischen Gedächtnisses

Eine frühzeitige Blutzuckeroptimierung ist entscheidend, um das "metabolische Gedächtnis" positiv zu beeinflussen. Schwedische Registerdaten zeigen, dass erhöhte HbA1c-Werte in den ersten Jahren nach Diabetesdiagnose das Risiko für Komplikationen langfristig erhöhen. In diesem Kontext kann auch eine zeitlich begrenzte Insulintherapie zur raschen Stoffwechselverbesserung sinnvoll sein, mit anschließender Deeskalation nach etwa drei Monaten. Auch in großen kardiovaskulären Endpunktstudien erhielt ein erheblicher Anteil der Patienten Insulin, um die glykämischen Zielwerte zu erreichen. 
Quelle: Laiteerapong N et al. Diabetes Care 2019; Ma ;42(3):416-426.

Stratifizierung des Typ-2-Diabetes für personalisierte Therapiekonzepte

Die Klassifikation des Typ-2-Diabetes in verschiedene Subtypen ermöglicht eine zielgerichtetere Therapie. Basierend auf Parametern wie HbA1c, Alter, BMI, GAD-Antikörpern und Beta-Zellfunktion können Patienten in verschiedene Cluster eingeteilt werden, die mit unterschiedlichen Komplikationsrisiken korrelieren. Besonders der insulindefiziente Typ-2-Diabetes profitiert von einer frühzeitigen Insulintherapie. Die Clusterzugehörigkeit ist nicht statisch und kann sich im Krankheitsverlauf ändern. Für eine optimale Therapie ist ein multimodales Konzept notwendig, das frühzeitig Kombinationstherapien einsetzt. 
Quelle: Ahlqvist E et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2018; 6(6): 361–9; Misra S et al. Commun Med (Lond.) 2023;3(1):138


6. Worauf es bei klinischen Studien im pädiatrischen Bereich ankommt

PD Dr. med. T. Biester

Hohe regulatorische Hürden bei pädiatrischen Studien

Die Durchführung klinischer Studien mit Kindern unterliegt strengen regulatorischen Anforderungen. Die EU-Regulation 1901 fordert zwar Pediatric Investigation Plans für neue Medikamentea, dies wird aber oft nicht konsequent umgesetzt. Bei Medizinprodukten verlangt die Medical Device Regulation einen "direkten klinischen Benefit" für teilnehmende Kinder, was z. B. bei verblindeten Sensorstudien kaum zu erfüllen ist.b Zudem dürfen Medizinprodukte nur innerhalb ihrer Zweckbestimmung eingesetzt werdenb - ein Problem, da viele CGM-Geräte erst ab 2 Jahren und nur für Typ-1-Diabetes zugelassen sind. 
Quelle: a) Regulation (EC) No 1901/2006 of the European Parliament and of the Council of 12 December 2006 on medicinal products for paediatric use and amending Regulation (EEC) No 1768/92, Directive 2001/20/EC, Directive 2001/83/EC and Regulation (EC) No 726/2004 (Text with EEA relevance). Official Journal of the European Union, L 378, 27 December 2006, pp. 1–19. b) Regulation (EU) 2017/745 of the European Parliament and of the Council of 5 April 2017 on medical devices, amending Directive 2001/83/EC, Regulation (EC) No 178/2002 and Regulation (EC) No 1223/2009 and repealing Council Directives 90/385/EEC and 93/42/EEC (Text with EEA relevance). Official Journal of the European Union, L 117, 5 May 2017, pp. 1–175.

Praktische Herausforderungen bei der Studiendurchführung mit Kindern

Die Durchführung von Studien mit Kindern erfordert spezielle Anpassungen. Die Aufklärung muss altersgerecht erfolgen, die Einwilligung beider Elternteile ist erforderlich. Studienprotokolle müssen altersentsprechende Referenzbereiche für Parameter wie BMI oder Laborwerte berücksichtigen. Die Blutentnahmemenge muss limitiert werden, wobei Ethikkommissionen oft inkonsistente Anforderungen stellen.a Bei invasiven Maßnahmen sollten schmerzlindernde Maßnahmen standardmäßig eingesetzt werden. Die Rekrutierung gelingt am besten über ein bestehendes Vertrauensverhältnis zu Patienten und Eltern. 
Quelle: a) Regulation (EC) No 1901/2006 of the European Parliament and of the Council of 12 December 2006 on medicinal products for paediatric use and amending Regulation (EEC) No 1768/92, Directive 2001/20/EC, Directive 2001/83/EC and Regulation (EC) No 726/2004 (Text with EEA relevance). Official Journal of the European Union, L 378, 27 December 2006, pp. 1–19.

Off-Label-Use und Zulassungsproblematik bei Kindern

Im Jahr 2006 waren nur etwa die Hälfte aller bei Kindern eingesetzten Medikamente für diese Altersgruppe zugelassen.a Zulassungsstudien für Kinder werden oft mit sehr kleinen Fallzahlen durchgeführt - beispielsweise wurde Insulin Aspart für Kinder ab 1 Jahren zugelassen, obwohl in der Studie nur 20 Kleinkinder im Alter zwischen 2 und 6 Jahren (4 Personen unter 4 Jahren) eingeschlossen waren.b Für eine bessere Versorgung sind mehr Studien notwendig, die pädiatrische Expertise in allen Phasen erfordern. 
Quelle: a) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukt: „Arzneimittel bei Kindern“ BfArM - Arzneimittel für Kinder (zuletzt abgerufen am 11.04.2025). b) Fachinformation Insulin aspart Sanofi®, Stand Juni 2020.


7. Stammzelltransplantation – Hope meets Reality: ein Reality-Check

Prof. Dr. med. B. Ludwig

Biologischer Betazellersatz bietet physiologische Regulation, die technologische Lösungen nicht erreichen

Trotz beeindruckender Fortschritte bei Diabetestechnologien bietet nur der biologische Betazellersatz eine echte physiologische Regulation des Glukosestoffwechsels.a Studien an Patienten mit Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörungen zeigen, dass nach einer Betazelltransplantation die Gegenregulation durch Glukagon und Metanephrine wiederhergestellt werden kann - ein entscheidender Vorteil gegenüber technologischen Lösungen.b Diese physiologische Regulation ist das Hauptziel biologischer Ersatztherapien und der Grund für die fortgesetzte Forschung trotz der Fortschritte bei AID-Systemen. Quelle: a) Boughton CK, New closed-loop insulin systems, 2021, Diabetologia 64(3):1-9. B) Ludwig B et al. Horm Metab Res. 2015 Jan;47(1):4-8.

Stammzellbasierte Betazelltherapien zeigen erste klinische Erfolge, aber Immunsuppression bleibt die größte Hürde

Die ersten klinischen Studien mit aus Stammzellen abgeleiteten Inselzellen zeigen vielversprechende Ergebnisse. Patienten erreichen nach etwa 250 Tagen eine nahezu physiologische Glukosekontrolle mit vollständiger Insulinunabhängigkeit. Die größte Limitation bleibt jedoch die Notwendigkeit einer systemischen Immunsuppression mit schwerwiegenden Nebenwirkungen.c Selbst bei autologen Zellen ist aufgrund der Autoimmunität beim Typ-1-Diabetes weiterhin eine Immunsuppression erforderlich.d Neuere Ansätze wie "Immune-Evasive-Cells" könnten zukünftig eine Lösung bieten.e 
Quelle: c) Pressemitteilung Vertex Pharmaceuticals Incorporated: Vertex Announces Positive Results From Ongoing Phase 1/2 Study of VX-880 for the Treatment of Type 1 Diabetes Presented at the American Diabetes Association 84th Scientific Sessions | Vertex Pharmaceuticals (zuletzt aufgerufen am 11.04.2025). d) Wang S, et al., Transplantation of chemically induced pluripotent stem-cell-derived islets under abdominal anterior rectus sheath in a type 1 diabetes patient. Cell. 2024 Oct 31;187(22):6152-6164.e18. e) Li et al. Journal of Biomedical Science (2024) 31:5.


8. Der Blick ins Innere – let the sunshine in!

Prof. Dr. med. K. Lange

Kognitive Langzeitfolgen einer diabetischen Ketoazidose (DKA) bei Manifestation

Die DKA bei Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes hat nachweislich langfristige Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit der betroffenen Kinder.a,b,c Besonders bei Kindern zwischen drei und fünf Jahren zeigen sich signifikante niedrigere IQ-Werte, die nicht nur vorübergehend sind.a Diese Defizite erschweren das lebenslange Selbstmanagement des Diabetes. Dies unterstreicht die Vorteile einer Früherkennung inkl. Monitoring von Typ-1-Diabetes, da hiermit die Raten an DKA bei Manifestation im Kindesalter drastisch gesenkt werden können.7
Quelle: a) Ghetti S et al. Endocrinol Diab Metab 2023; 6: e412 b) Jaser SS & Jordan LC. Curr Diab Rep 2021; 21: 12 c) Aye T et al. Diabetes Care 2019; 42: 443–9 7) Achenbach P et al., Gesundheitswesen 2025; 87(01): 27-37.

Psychosoziale Belastung der Familien ohne übermäßige Beeinträchtigung durch Früherkennung

Daten aus der POInT-Studie zeigen, dass die Information über ein erhöhtes genetisches Diabetes-Risiko bei Kindern nicht zu einer übermäßigen psychischen Belastung der Eltern führt.  Die Raten von Depressionen und Ängsten bei Eltern mit Kindern mit erhöhtem genetischem Risiko für Typ-1-Diabetes unterscheiden sich nicht signifikant von der Allgemeinbevölkerung. Dennoch war die krankheitsspezifische Angst ausgeprägter.a Für die Praxis ist eine gut durchgeführte Aufklärung mit ausgewogener Informationsvermittlung und emotionaler Unterstützung entscheidend.
Quelle: a) Houben J et al. Pediatr Diabetes. 2022 Dec;23(8):1707-1716.


9. Du bist, was du isst: Die Rolle der Ernährung in der Ätiologie des Typ-1-Diabetes

Prof. Dr. oec. troph. S. Hummel

Vitamin D-Status als protektiver Faktor bei Typ-1-Diabetes

Höhere Vitamin D-Spiegel im Plasma (>50 nmol/l) reduzieren signifikant das Risiko für Insel-Autoimmunität und Frühstadium-Typ-1-Diabetes. Eine Gen-Umwelt-Interaktion verstärkt diesen Effekt bei Kindern mit bestimmten Vitamin D-Rezeptor-Varianten. Für die Praxis empfiehlt sich eine konsequente Überwachung und Supplementierung bei Hochrisikokindern.
Quelle: Norris et al., Diabetes 2018; 67(1):146–154.

Probiotika in der Frühphase des Lebens als präventiver Ansatz

Probiotika-Supplementierung während der ersten 27 Lebenstage verringert das Risiko für Insel-Autoimmunität. Bei Hochrisikokindern mit früher Beikosteinführung neutralisiert sie das erhöhte Autoimmunitätsrisiko. Die SINTIA-Studie überprüft diese Erkenntnisse klinisch (Ergebnisse 2027).
Quelle: Uusitalo et al., JAMA Pediatrics 2016 Jan;170(1):20-8.

BMI und Energiezufuhr als Risikofaktoren für Typ-1-Diabetes

Ein erhöhter BMI im frühen Kindesalter (besonders um den 9. Lebensmonat) erhöht das Risiko für Insel-Autoimmunität. Die Proteinzufuhr ist direkt mit der Entwicklung von GAD-Autoantikörpern assoziiert. Körperliche Aktivität verlangsamt die Progression zum manifesten Diabetes bei Kindern im Frühstadium.
Quelle: Braun et al., Journal of Nutrition 2016; 146 (11): 2361-2367; Elding Larsson et al., Diabetes 2016l; 65(7):1988-95.


10. Was Patienten wohl über all das denken? Es lebe der Sport!

Prof. Dr. O. Moser

Lebensstilinterventionen bei Typ-2-Diabetes: Hohe Wirksamkeit, niedrige Umsetzung

Lebensstilinterventionen zeigen bei Typ-2-Diabetes beeindruckende Ergebnisse, besonders bei kurzer Diabetesdauer. Studien belegen, dass eine Kombination aus Kalorienreduktion (800 kcal/Tag), Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität (10.000 Schritte/Tag oder 150 Minuten moderate Aktivität/Woche) zu einer Gewichtsreduktion von etwa 10 kg führen kann. Bemerkenswert ist, dass 21% der Patienten über 15% ihres Ausgangsgewichts verlieren und 61% eine Diabetes-Remission (HbA1c <6,5%) erreichen - verglichen mit nur 12% in der medikamentösen Standardtherapie. Trotz dieser Evidenz ist die Adhärenz zu Bewegungsempfehlungen sowohl bei Patienten als auch bei medizinischem Fachpersonal gering. Die empfohlenen 150 Minuten moderate Aktivität pro Woche plus 2-3 Krafttrainingseinheiten werden von den wenigsten erreicht. Niederschwellige Ansätze wie eine Station früher aussteigen, Treppen steigen oder bewusstes Parken auf entfernten Parkplätzen können als Einstieg dienen. 
Quelle: Taheri et al.The Lancet Diabetes & Endocrinology 2020; 8, (6):  477 – 489; Colberg et al. Diabetes Care 2016;39(11):2065-2079; Davies et al. Diabetes Care 2022; 45(11):2753-2786.

Kontinuierliches Glukosemonitoring als Game-Changer für Bewegung bei Diabetes

CGM-Systeme erweisen sich als entscheidender Motivationsfaktor für körperliche Aktivität bei Menschen mit Diabetes. Studien zeigen, dass Patienten mit CGM-Unterstützung während einer Lebensstilintervention signifikant aktiver sind als Patienten ohne CGM. Das Echtzeit-Feedback ermöglicht es den Betroffenen, unmittelbar die Auswirkungen von Ernährung und Bewegung auf ihren Glukosespiegel zu sehen, was die Motivation steigert. Bei Typ-1-Diabetes ist die Angst vor Hypoglykämien der Hauptgrund für Zurückhaltung bei körperlicher Aktivität - sowohl bei Betroffenen selbst als auch bei Eltern von Kindern mit Diabetes. CGM kann diese Angst reduzieren und zu mehr Bewegung ermutigen. Die Entwicklung geht in Richtung CGM-Zugang auch für Typ-2-Diabetes-Patienten ohne Insulintherapie, um die positiven Effekte auf die Bewegungsadhärenz zu nutzen. 
Quelle: Moser et al. Diabetologia 2025; 68(2):255-280.

Neue EASD-Leitlinie für Sport mit AID-Systemen bei Typ-1-Diabetes

Die neue EASD-Leitlinie (bald auch als DDG-ÖDG-Leitlinie auf Deutsch verfügbar) bietet konkrete, praxisnahe Empfehlungen für Sport mit automatisierten Insulindosierungssystemen (AID). Die Empfehlungen basieren auf dem Wissen über die unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Sportarten auf den Glukosespiegel: Niedrigintensive Belastungen führen meist zu einem Glukoseabfall, Intervalltraining (wie Ballsportarten) zu stabilen Werten und hochintensive Belastungen zu einem Glukoseanstieg. Die Leitlinie gibt detaillierte Anweisungen für jedes AID-System, wie der Sportmodus zu aktivieren ist und welche Einstellungen vorzunehmen sind. Grundsätzlich wird empfohlen, 1-2 Stunden vor geplantem Sport den Sportmodus zu aktivieren und den Glukose-Zielwert auf etwa 150 mg/dl zu erhöhen. Bei spontanem Sport sollte der Sportmodus sofort aktiviert und bei Glukosewerten unter 126 mg/dl zusätzlich Kohlenhydrate (10-20g) zugeführt werden. Wichtig ist die flexible Nutzung der AID-Systeme während des Sports mit Anpassung der Zielwerte je nach Glukoseverlauf. 
Quelle: Moser et al. Diabetologia 2025; 68(2):255-280.


Die vorliegende Zusammenfassung der Veranstaltung Hauptstadt-Symposium Diabetes 2025 wurde mit Unterstützung einer künstlichen Intelligenz erstellt, um die Kernpunkte der Vorträge prägnant und strukturiert wiederzugeben.

5e25c65159081

Zertifizierung

Die Ärztekammer Berlin hat das HSS Diabetes mit insgesamt 8 CME-Punkten anerkannt.

Impressionen

Referent*innen

Vorsitz: Prof. Dr. Matthias Blüher (Wissenschaftlicher Leiter des HSS 2025)

MAT-DE-2501652-1.0-04/2025